Die Parkinson-Krankheit ist eine chronisch progrediente neurodegenerative Erkrankung, die über 1% der Bevölkerung über 60 Jahre betrifft. Zu den typischen motorischen Symptomen der Erkrankung gehören Bradykinesie, Muskelrigidität und Ruhetremor. Diesen klassischen motorischen Symptomen können nicht-motorische Symptome wie z.B. die REM-Schlafverhaltensstörung (RBD), affektive Symptome, Hyposmie und Obstipation in der prodromalen Erkrankungsphase etliche Jahre vorausgehen.
Das neuropathologische Korrelat der Parkinson-Krankheit beinhaltet den Verlust dopaminerger Neuronen (vor allem in der Substantia nigra pars compacta) sowie die Akkumulation von zytoplasmatischen neuronalen Einschlüssen, die reich an dem Protein Alpha-Synuklein (αSyn) sind (Lewy-Körper). Damit zählt die Parkinson-Krankheit zu den sogenannten Synukleinopathien, ein Sammelbegriff für verschiedene neurodegenerative Erkrankungen, die durch die fehlerhafte Faltung und abnorme Anhäufung von αSyn gekennzeichnet sind. Dies führt zur Bildung von Lewy-Körpern bei der Parkinson-Krankheit und der Demenz mit Lewy-Körpern (DLB), oder zum Auftreten von oligodendroglialen zytoplasmatischen Einschlüssen bei der Multisystematrophie (MSA).
Die klinische differenzialdiagnostische Abgrenzung der Parkinson-Krankheit von atypischen Parkinson-Syndromen wie der MSA oder den 4R-Tauopathien (wie die progressive supranukleäre Blickparese, PSP, oder die corticobasale Degeneration), bleibt vor allem in den frühen Erkrankungsstadien eine Herausforderung. Daneben geht man davon aus, dass durch eine sehr frühe Erkennung der Parkinson-Krankheit , idealweise schon in der prodromalen Phase, eine frühzeitige Behandlung mit noch zu entwickelnden krankheitsmodifizierenden Therapien möglicherweise den Erkrankungsverlauf günstig beeinflussen könnte. Daher ist die Identifizierung früher oder prodromaler Stadien der verschiedenen Synukleinopathien ein wichtiges Forschungsziel auf dem Weg zu krankheitsmodifizierenden und neuroprotektiven Therapien.
αSyn ist ein 140 Aminosäuren langes, präsynaptisches Protein, das aktiv am vesikulären Recycling beteiligt ist. Es spielt eine Rolle bei der Regulation der Dynamik synaptischer Vesikel am Nervenende und bei der Dopamin-Neurotransmission. Dies ist jedoch wahrscheinlich nur ein Teil seiner Funktion, da αSyn in verschiedenen Blutzelltypen und in anderen Geweben reichlich vorhanden ist. Durch Punktmutationen aber auch weitere, bisher unbekannte Ursachen, kommt es zu einer fehlerhaften Faltung von αSyn und zu einer Hyperphosphorylierung. Diese veränderte Form von αSyn beginnt zu oligomerisieren und zu aggregieren, außerdem bilden sich fibrilläre Strukturen.
Nach wie vor ist unklar, ob die oligomere oder fibrilläre Form von αSyn stärker an der pathologischen Ausbreitung von αSyn beteiligt ist. Klar ist jedoch, dass beide Strukturen toxisch und aktiv an der Ausbreitung des Proteins beteiligt sind. Die Fehlfaltung und Aggregation aus unlöslichen Polymeren von fehlgefaltetem und phosphoryliertem αSyn in Neuronen und ihren Axonen in der Substantia nigra und weiteren Teilen des zentralen und peripheren autonomen Nervensystems ist charakteristisch für die Parkinson-Krankheit . Entsprechende Proteinaggregate lassen sich in Form von Lewy-Körpern und Lewy-Neuriten als neuropathologische Merkmale der Parkinson-Krankheit feststellen.
Über das letzte Jahrzehnt festigte sich die Hypothese eines prionartigen Verhaltens der toxischen aSyn Aggregate mit Übertragung von Zelle zu Zelle. Diese Ähnlichkeiten zu den Prionenerkrankungen eröffneten den Weg für die Entwicklung neuer diagnostischer Ansätze auf dem Gebiet der Synukleinopathien, insbesondere da der Nachweis von αSyn oder phosphoryliertem αSyn in Blut, Liquor und anderen Gewebeproben durch eine unzureichende diagnostische Wertigkeit charakterisiert ist. Mittels α-Synuclein-Seed-Amplification-Assays (SAA) können geringste Mengen des fehlgefalteten Proteins im nanomolaren Konzentrationsbereich nachgewiesen werden, indem sie es in vitro zunächst vermehren und dann mittels Fluoreszenzfärbung detektieren. Die beste Evidenz besteht dabei für den Nachweis krankheitsspezifischer Proteinaggregate („α-Synuclein-Seeds“) im Liquor durch das RT-QuIC (Real Time Quaking-Induced Conversion) -Verfahren.
Es besteht mittlerweile gute Evidenz dafür, dass damit nicht nur Parkinson-Erkrankte akkurat detektiert, sondern auch Betroffene mit erhöhtem Parkinson-Risiko und eventuell schon frühen Symptomen wie Geruchs- und Schlafstörungen identifiziert werden können (1, 2).
Die Durchführung einer Lumbalpunktion wird aufgrund ihres invasiven Charakters oft gescheut, weshalb ein Bluttest eine deutlich praktikablere Lösung darstellen würde.
In den letzten beiden Jahren wurden dazu interessante Forschungsergebnisse publiziert. Zum einen konnte in einer Arbeit aus Deutschland gezeigt werden, dass αSyn-Seeds aus plasmaderivierten neuronalen extrazellulären Vesikeln (EV), das sind von Nervenzellen abgeschnürte kleinste vom Gehirn ins Blut abgegebene Bläschen, bei Patient:innen mit der Parkinson-Krankheit nachweisbar sind. Die Konzentration von αSyn in plasmaderivierten EV scheint sich zwischen Betroffenen mit der Parkinson-Krankheit , DLB, PSP und gesunden Kontrollen zu unterscheiden (3). Weitere Studien legen zudem nahe, dass EVs, insbesondere Exosomen, eine Rolle bei der Verbreitung der Lewy-Pathologie zwischen dem peripheren Nervensystem und dem zentralen Nervensystem spielen. Exosomen spielen eine wichtige Rolle bei der Übermittlung von Informationen an Zellen und Gewebe, und wurden auch mit der Pathogenese verschiedener Synukleinopathien wie der PK oder MSA in Verbindung gebracht (4).
Einen völlig anderen Ansatz wählte eine japanische Arbeitsgruppe, indem sie mittels Immunopräzipitation (IP) α-Synuclein-Seeds durch spezifisch an die Seeds bindende Antikörper abfangen, um sie dann mittels der RT-QuIC-Methode bis zur Nachweisgrenze zu vermehren (5). Mittels dieses IP-basierten RT-QuIC (IP/RT-QuIC)-Assays konnten Serumkonzentrationen von nur 1 ng/ml (=0,001 μg/ml) nachgewiesen werden. Insgesamt zeigte der IP/RT-QuIC eine sehr hohe diagnostische Treffsicherheit bei der Unterscheidung von Parkinson-Erkrankten (5).
Insgesamt deuten die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Blutbiomarker darauf hin, dass die Detektion von pathologischem α-Synuklein im Blut ein vielversprechender Ansatz für die Diagnose der Parkinson-Krankheit sein könnte. Inwieweit damit auch krankheitsmodifizierende Therapieverfahren monitorisiert werden können, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob mit diesem Biomarker differentialdiagnostisch zwischen der Parkinson-Krankheit und der MSA differenziert werden kann. Weitere Forschungsarbeiten sind also erforderlich, um die Zuverlässigkeit und klinische Anwendbarkeit dieses Biomarkers zu bestätigen und seine potenzielle Rolle in der Früherkennung und Behandlung der PK zu klären.
Autor:innen:
Dr. Beatrice Heim,
Prim. Univ. Prof. Dr. Klaus Seppi
P-Update Editoren:
Priv. Doz. Dr. Atbin Djamshidian-Tehrani,
Assoz.Prof. Priv. Doz. Dr. Petra Schwingenschuh
Referenzen: