Unter dem Motto „Meet the Experts“ haben Besucher:innen die Gelegenheit, renommierte und unabhängige Expert:innen persönlich zu treffen, sich über die neuesten Entwicklungen in der Parkinson-Therapie zu informieren und sich mit Selbsthilfegruppen auszutauschen.
Die Veranstaltung findet am 11. April 2024 von 13.00 bis 17.00 Uhr im Festsaal des Wiener Rathauses statt. Primaria Doz.in Dr.in Regina Katzenschlager, Präsidentin der ÖPG, betont die hohe Relevanz dieser Veranstaltung: „Der Bedarf an Informationen bei Betroffenen und ihren Angehörigen ist weiterhin enorm, ebenso wie das Bedürfnis nach sozialem Austausch mit anderen Erkrankten.“
Das Symposium bietet eine breite Palette von Vorträgen zu verschiedenen Themen rund um Parkinson, darunter „Meilensteine der Parkinson-Therapie“, „Zittern bei Parkinson“, „Psychische und Verhaltensänderungen“, „Neue und bewährte Pumpentherapien“, „Tiefe Hirnstimulation und fokussierter Ultraschall“, „Schluckstörungen und Verdauungsprobleme“, „Bewegung und Sport“ sowie „Rehabilitation und die Rolle der Selbsthilfe“.
Ein besonderes Highlight der Veranstaltung ist die Präsentation der PingPong Parkinson Tischtennis-Gruppe, die die Bedeutung von Bewegung und Sport in der Parkinsontherapie unterstreicht.
Nach den Vorträgen stehen die Expert:innen für Fragen zur Verfügung, um den Besucher:innen eine individuelle Beratung zu ermöglichen. Die Expert:innen beantworten Journalist:innenfragen vor Beginn der Veranstaltung von 12-13 Uhr. Anfragen bitte an karin.assadian@commedia.co.at richten.
Wien, 27. Februar 2024 – Die Parkinson-Krankheit ist die am schnellsten zunehmende neurologische Erkrankung. Ein schleichender Verlust der Dopamin-produzierenden Nervenzellen führt zu Bewegungsstörungen wie Zittern oder Muskelsteifheit. Die Zahl der Erkrankten steigt kontinuierlich. Mehr als 10 Millionen Menschen sind mittlerweile betroffen. Aufgrund der zunehmend höheren Lebenserwartung wird die Zahl der Betroffenen in den nächsten Jahren weiter stark ansteigen. In der aktuellen Forschung nimmt deshalb die Früherkennung eine wichtige Rolle ein. „In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung und die Aufklärung über die Erkrankung zu stärken. Parkinson ist noch nicht heilbar, aber es laufen zahlreiche Studien mit Medikamenten, die diesbezüglich Hoffnung geben. Die gute Nachricht ist: Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser können auch die jetzt verfügbaren Medikamente wirken. Für Bewegung und Sport gibt es Hinweise für einen günstigen Effekt auf den Krankheitsverlauf“, erklärt Primaria Priv.-Doz.in Dr.in Regina Katzenschlager, Präsidentin der Österreichischen Parkinson-Gesellschaft (ÖPG), Leiterin der Abteilung für Neurologie, Klinik Donaustadt.
Anlässlich des Welt-Parkinson-Tages launcht die Österreichische Parkinson-Gesellschaft zudem ihre neue Website. Auf dieser steht zusätzlich zum Parkinson-Podcast und vielen anderen Informationen eine neue Parkinson-Videoreihe zur Verfügung:
In sechs dreiminütigen Clips erklären Expert:innen der ÖPG kurz und prägnant, was Parkinson eigentlich ist, welche Beschwerden damit einhergehen, wie die Krankheit verläuft, ob man sich davor schützen kann, wie sie aktuell behandelt wird und ob sie bald heilbar sein wird. Die Videos sollen dazu beitragen, das Verständnis für die Parkinsonkrankheit zu fördern und Betroffenen und deren Angehörigen Informationen und Unterstützung zu bieten.
Die bisherige Diagnosemöglichkeit einer Parkinsonkrankheit erfordert das Vorhandensein typischer Störungen der Körpermotorik, vor allem den Nachweis verlangsamter Bewegungsabläufe (Bradykinese), kombiniert mit Zittern der Hände oder Beine (Ruhetremor) und einer erhöhten Muskelspannung (Rigidität). Bei voller Ausprägung dieser Symptome ist die Erkrankung mit annähernd 90%iger Verlässlichkeit zu erkennen. Allerdings haben zahlreiche Untersuchungen der letzten Jahre gezeigt, dass die der Parkinsonerkrankung zugrundeliegenden Veränderungen im Nervensystem schon viele Jahre vor dem Auftreten der klassischen Bewegungsstörungen beginnen. Das bedeutet, dass der Krankheitsprozess zum Zeitpunkt der ärztlichen Diagnose bereits fortgeschritten ist und wertvolle Zeit für vorbeugende oder den Krankheitsfortschritt verlangsamende Therapien verloren ist. Diese Situation hat zu intensiver Forschungsaktivität hinsichtlich einer möglichen Früherkennung geführt. Dabei spielt die Entdeckung von Parkinson-„Biomarkern“ eine besondere Rolle.
Große Hoffnung wird zurzeit in die Entwicklung neuer molekularer Testmethoden gelegt, mit denen es gelingt, kleinste Mengen des bei der Parkinsonkrankheit fehlgefalteten und verklumpten Zell-Eiweißes alpha-Synuklein in Blut- oder Gewebeproben nachzuweisen. Erste Studienergebnisse zeigen, dass diese molekularen Veränderungen lange vor Beginn der klassischen Parkinsonsymptome zu entdecken sind.
Auch bildgebende Verfahren können bereits frühzeitig Nervenzellveränderungen („Neurodegeneration“) im Gehirn zeigen, die auf eine bevorstehende Parkinsonerkrankung hinweisen. Bestimmte genetische Befunde sind ebenfalls eng mit einem Parkinsonrisiko von noch gesunden Personen verbunden.
All dies hat vor Kurzem zum Vorschlag einer neuen, „biologischen“ Definition der Parkinsonkrankheit unabhängig von klinischen Symptomen geführt. Damit sollen auch bei Menschen, die noch keine typischen Parkinsonsymptome entwickelt haben, durch den Nachweis von Synuklein-Veränderung, Bildgebungsbefunden und genetischer Diagnostik eine Risiko-Abschätzung und gegebenenfalls Frühdiagnose möglich werden – all dies in der Hoffnung, letztlich Möglichkeiten für vorbeugende Therapien zu eröffnen. Die Identifikation von Risikogruppen hat entscheidende Bedeutung in der gegenwärtigen Parkinsonforschung. Mehrere internationale Projekte untersuchen zurzeit die Validität von Screening-Verfahren für das Parkinsonrisiko. Hierzu gehört auch das österreichische „Healthy Brain Ageing“-Projekt, das von der Klinik für Neurologie in Innsbruck koordiniert wird und unter www.gesundaltern.at für weitere Information und Teilnahmemöglichkeit zur Verfügung steht. Bislang haben 3.000 Personen den Online-Fragebogen ausgefüllt; eine Teilnahme ist noch bis Ende April möglich.
Zittern in Ruhe (Ruhetremor) ist ein hochcharakteristisches Symptom der Parkinsonkrankheit, das bei 75 % der Patient:innen zu beobachten ist. Meist tritt es einseitig in einer Hand, seltener in einem Bein auf und ist zunächst nur in Stress-Situationen wahrnehmbar. Typisch sind die Auslösung und Verstärkung durch geistige Aufgaben (z. B. Rechnen) oder durch Aktivität anderer Körperteile (Gehen). Beim Hochheben der Hände klingt der Ruhetremor ab, kann aber nach wenigen Sekunden bis zu einer halben Minute wieder auftreten. Parkinson-Patient:innen mit Ruhetremor zeigen meist auch andere Parkinsonsymptome (Verlangsamung, Steifheit).
Eine diagnostische Herausforderung stellen einerseits Patient:innen mit isoliertem Ruhetremor und andererseits Patient:innen mit gleichzeitigem Ruhetremor und Halte- und Bewegungstremor dar. Im Zweifel kann der bei der Parkinsonkrankheit regelhaft bestehende Verlust von Dopamin-haltigen Nervenzellen im Gehirn durch eine Dopamintransporter-SPECT (Einzelphotonen-Emissionscomputertomografie) dokumentiert werden.
Bei Patient:innen mit schwerem Parkinson-Tremor sollte wie beim essenziellen Tremor (einer anderen Form des Zitterns, die vor allem bei Tätigkeiten mit beiden Händen auffällt und oft mehrere Personen in einer Familie betrifft) an chirurgische Behandlungsformen gedacht werden.
Bei der tiefen Hirnstimulation werden in einem stereotaktischen Eingriff zielgesteuert Elektroden ins Gehirn eingeführt. Diese werden über unter die Haut verlegte Verlängerungskabel mit einem Schrittmachersystem verbunden. Damit erfolgt eine kontinuierliche Elektrostimulation bestimmter Hirnareale, die an der Entstehung des Tremors beteiligt sind (z. B. Thalamus).
Der MR-gezielte fokussierte Ultraschall ist eine neue chirurgische Behandlungsform von Tremor und Bewegungsstörungen, die seit Kurzem auch in Österreich (Universitätsklinik für Neurochirurgie Wien) zur Verfügung steht. Hier erfolgt mithilfe eines Ultraschallgeräts eine gezielte Läsion von Hirnarealen durch Erhitzung. Der Eingriff erfolgt ohne Schädeleröffnung in einem MRT-Gerät bei wachen Patient:innen. Die Wirkung wird durchgehend monitiert. Bei einer Erwärmung der betroffenen Hirnareale auf rund 50 Grad kommt es, wenn das richtige Hirnareal (für Tremor meist der Thalamus) angesteuert wurde, zu einer Besserung des Tremors. Gleichzeitig wird auf mögliche Nebenwirkungen geachtet. Ist das Verhältnis aus Wirkung (Unterdrückung des Tremors) und Nebenwirkungen (idealerweise keine) günstig, erfolgt eine weitere Erwärmung des Gewebes mit der Ultraschallsonde, was zu einer anhaltenden Gewebsschädigung und Besserung des Tremors führt.
Für Patient:innen mit fortgeschrittener Parkinsonkrankheit und motorischen Wirkfluktuationen (= Schwankungen der klinischen Symptome bei Kürzerwerden der Medikamentenwirkung) sind seit Jahren gerätegestützte Therapien etabliert, die eine gleichmäßige Verabreichung eines Medikamentes über außerhalb des Körpers getragene Pumpen ermöglichen. Alle Infusionstherapien sind entweder nur tagsüber oder rund um die Uhr einsetzbar.
Intestinale Pumpen: Mithilfe dieser Medikamentenpumpen wird der Wirkstoff Levodopa oder eine Kombination aus Levodopa und Entacapon (das den Dopa-Abbau verlangsamt) kontinuierlich direkt in den Dünndarm abgegeben. Dazu ist ein Eingriff erforderlich, bei dem eine Sonde durch die Bauchdecke in den Dünndarm gelegt wird, wo der Wirkstoff aufgenommen wird.
Apomorphin-Pumpe: Mithilfe dieser Infusionspumpe wird der hochwirksame Dopaminagonist Apomorphin über einen dünnen Schlauch gleichmäßig unter die Haut (= subkutan) verabreicht. Ein operativer Eingriff ist dazu nicht erforderlich.
Bei der in Österreich seit Dezember neu verfügbaren subkutanen Levodopa-Infusionstherapie erfolgt eine kontinuierliche Medikamentenzufuhr unter die Haut. Diese Therapie erfolgt meist über 24 Stunden.
Voraussetzung für diese gerätegestützten Therapieformen ist das Vorhandensein von schweren motorischen Wirkschwankungen (Fluktuationen) und meist auch von Überbewegungen (Dyskinesien) trotz optimierter medikamentöser Standardtherapie. Das bedeutet, dass Patient:innen profitieren können, die zwar ein sehr gutes, aber eben nicht gleichmäßiges Ansprechen auf L-Dopa in Tablettenform haben. Durch die kontinuierliche Verabreichung können Wirkschwankungen verbessert, die guten Phasen (ON-Zeiten) verlängert, die schlechten Phasen (OFF-Zeiten) stark verkürzt und unwillkürliche Überbewegungen reduziert werden. Bei den subkutanen Therapieformen muss speziell auf Nebenwirkungen vonseiten der Haut geachtet werden.
Es gibt heute noch keine Möglichkeit einer ursächlichen Behandlung der Parkinson-Krankheit, die das Fortschreiten des Nervenzellverlusts aufhalten oder gar mindern könnte. Derzeit ist lediglich die Behandlung der Symptome möglich, die allerdings die Lebensqualität der Patient:innen lange aufrechterhalten kann.
Ein Beispiel dafür ist Tischtennis-Spielen. „Betroffene, die es ausprobiert haben, bestätigen: Die fortschreitenden Symptome der Parkinson-Krankheit können durch das Spielen von Tischtennis gelindert werden. Tischtennis braucht keine Vorkenntnisse und ist für fast jeden geeignet. Neben der Bewegung ist auch die soziale Interaktion für Parkinson-Betroffene so ungemein wichtig“, erklären Hermine Hofner und Mag. Irmgard Plank vom gemeinnützigen Verein PingPong Parkinson Österreich, der auch beim Welt-Parkinson-Tag im Wiener Rathaus mit aktivem Tischtennis-Spielen vertreten sein wird. „Tischtennis-Spielen hat einen positiven Einfluss auf die wichtigsten Behandlungsziele der physikalischen Therapie bei Parkinson, nämlich die Förderung und Verbesserung der Beweglichkeit und der Koordinationsfähigkeit. Tischtennis-Spielen fördert dies vor allem durch die Auge-Hand-Koordination sowie die vielen Seitwärtsbewegungen“, so Hofner und Plank.
Es ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen, dass regelmäßiges Training dem Abbau motorischer und kognitiver Funktionen bei der Parkinsonkrankheit entgegenwirkt. Aerobes Training hat allgemeine gesundheitliche Vorteile, verbessert die körperliche Fitness und senkt das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose. Zusätzlich verbessert regelmäßiges aerobes Training die motorischen Symptome bei M. Parkinson. Die Verbesserungen sind nach Training mit höherer Intensität größer als bei geringerer Intensität. Die genaue Bewegungsart spielt dabei eine untergeordnete Rolle; Tanzen hat die beste Datenlage, was auch mit psychischen und kognitiven Aspekten dieser Aktivität zusammenhängen könnte. Aerobe Ausdauer allgemein beschreibt die Fähigkeit, eine Aktivität (Laufen, Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen, Ergometertraining etc.) kontinuierlich auszuführen, ohne zu ermüden. Die Zielherzfrequenz liegt bei etwa 70 bis 80 % der maximalen Herzfrequenz. Bei Parkinsonbetroffenen müssen Auswahl und Durchführung von Sport oder Bewegungstherapie an den individuellen Fitnesslevel, das Gleichgewicht und die körperlichen Einschränkungen angepasst werden. Von großer Bedeutung ist, dass Stürze oder anders bedingte Verletzungen vermieden werden.
Auch das Einhalten einer mediterranen Diät hat sich als schützend in Bezug auf Entstehung und Verlauf der Parkinsonkrankheit erwiesen. Vieles weist auf entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften hin, zudem auf positive Wirkungen auf das Darmmikrobiom. Der genaue Mechanismus ist aber noch nicht geklärt. Mediterrane oder Mittelmeerdiät enthält viel Obst, frisches Gemüse, Vollkornprodukte, Nüsse und Olivenöl, aber wenig rotes Fleisch und zuckerhaltige Lebensmittel. Zudem sind stark verarbeitete Lebensmittel als ungünstig anzusehen.
Insgesamt gibt es somit zunehmend wissenschaftliche Daten, die belegen, dass Parkinsonpatient:innen mit Bewegung und Ernährung selbst einiges zu einem möglichst günstigen Krankheitsverlauf beitragen können.
Welt-Parkinson-Tag
öffentliche Infoveranstaltung
Festsaal, Rathaus Wien,
11. April 2024, ab 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr
Ein Buffet für Besucher:innen ist vorhanden. Barrierefreier Zutritt zur Veranstaltung ist möglich.
Aufzüge (Zugang mit Rollstuhl oder bei Mobilitätsbeeinträchtigung durch den Arkadenhof) und gut zugängliche WCs sind vorhanden.
Über die ÖPG
Die Österreichische Parkinson-Gesellschaft ist eine medizinische Fachgesellschaft mit dem Ziel, die Diagnostik und Behandlung von Menschen mit Parkinson-Krankheit (Morbus Parkinson) und anderen Bewegungsstörungen zu verbessern. Besondere Anliegen sind die Förderung von Forschung im Bereich Bewegungsstörungen, die kontinuierliche Fortbildung von medizinischem Fachpersonal und die Information von Betroffenen und der Öffentlichkeit über den Morbus Parkinson und verwandte Erkrankungen.
Presse-Rückfragen & Interviewvereinbarung
com.media – Agentur für Kommunikation
Mag. Dr. Karin Assadian
Tel.: +43 676 33 63 568
E-Mail: karin.assadian@commedia.co.at
Web: www.commedia.co.at
Primaria Priv.-Doz.in Dr.in Regina Katzenschlager
Präsidentin ÖPG
Leiterin der Abteilung für Neurologie
Klinik Donaustadt
Abteilung für Neurologie
Langobardenstraße 122
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