Er hat die Österreichische Parkinson-Forschung über Jahrzehnte entscheidend mitgeprägt und war ein weltweit anerkannter und vielfach ausgezeichneter klinischer Forscher und Arzt.
Gregor K. Wenning wurde am 21. März 1964 in Horstmar/Westfalen geboren. Er war ein hochbegabter Schüler und legte seine Abiturpüfung im Jahr 1983 mit Bestnoten ab. Sein Medizinstudium absolvierte er als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Gregor Wenning hatte bereits als Dreizehnjähriger seinen Vater aufgrund einer tödlichen neurodegenerativen Erkrankung verloren und dieser Umstand mag seinen Entschluss mitgeprägt haben, sein berufliches Leben der Erforschung der Erkrankungen des Nervensystems zu widmen. Er promovierte bei Prof. Albert C. Ludolph mit einer Untersuchung zu motorischen Systemdegenerationen und begann 1991 an der Universitätsklinik für Neurologie in Tübingen unter Prof. J. Dichgans mit der Ausbildung zum Facharzt für Neurologie. Bereits am Beginn der Facharztausbildung faszinierten ihn die neurodegenerativen Bewegungsstörungen und er wechselte 1992 zu einem Forschungsaufenthalt an das National Hospital for Neurology and Neurosurgery, Queen Square in London in das Team des weltbekannten Neurologen Prof. C.D. Marsden. In Dr. Niall Quinn fand Gregor Wenning dort einen klinischen und wissenschaftlichen Mentor, der für seinen weiteren Werdegang prägend wurde. Gemeinsam mit ihm verfasste er die erste seiner wegweisenden wissenschaftlichen Arbeiten zur Multisystematrophie (MSA) mit der bis dahin umfassendsten Beschreibung der klinischen Merkmale und des natürlichen Verlaufs dieser Erkrankung anhand von 100 autoptisch gesicherten Fällen – sie wurde seit ihrer Veröffentlichung 1994 in Brain mit knapp 1000 Zitationen eine seiner meistzitierten Publikationen.
Nach Abschluss seiner Londoner Forschungsprojekte zur Multisystematrophie mit einem PhD der Universität London trat Gregor Wenning 1995 als Assistenzarzt in die Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck ein. Trotz umfangreicher klinischer Verpflichtungen entfaltete er auch hier eine außergewöhnlich umfangreiche und produktive wissenschaftliche Aktivität, so dass er 1999 - nur 4 Jahre nach seinem Eintritt in die Klinik - mit seinen Arbeiten zum Thema „Die Multisystematrophie: klinische und experimentelle Befunde“ die Habilitation für das Fach Neurologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck erreicht hatte. In diese Zeit fiel auch seine Initiative zur Gründung einer Arbeitsgruppe für Atypische Parkinson-Syndrome in der Österreichischen Parkinson-Gesellschaft, die er in verschiedenen Funktionen unter anderem als Vorstandsmitglied und Editor von P-Aktuell unterstützte und deren erweitertem Vorstand er bis zuletzt angehörte. 2002 begründete er in der Innsbrucker Klinik ein Labor zur autonomen Funktionstestung und wurde damit ein Pionier der österreichischen Forschung im Gebiet der Funktionsstörungen des autonomen Nervensystems bei neurodegenerativen Erkrankungen.2006 wurde Gregor Wenning zum Professor für Klinische Neurobiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck ernannt. Als Leiter der Abteilung für Klinische Neurobiologie gelang es ihm und seiner Mitarbeiterin Nadia Stefanova, diese Einheit konsequent auszubauen und zu einem international anerkannten Zentrum translationaler MSA-Forschung zu entwickeln.
Als klinischer Forscher war Gregor Wenning eine Ausnahmeerscheinung: sein wissenschaftliches Werk umfasst fast 600 Publikationen mit 53.000 Zitationen und einem h-Index von 110 und die von ihm eingeworbenen Drittmittel summieren sich auf über 10 Millionen Euro. Er war Initiator und Leiter zahlreicher nationaler und internationaler Forschungsverbünde, leitete die MSA-Studiengruppe wie auch die MSA Diagnostic Criteria Task Force der International Movement Disorder Society und war zuletzt Präsident des Scientific Advisory Board der amerikanischen MSA Coalition. Für seine MSA-Forschung wurde Gregor Wenning vielfach national und international ausgezeichnet, unter anderem bereits 1998 mit dem Forschungspreis der Österreichischen Parkinson-Gesellschaft, 2004 dem Oppenheimer MSA Award und 2020 dem JP Schouppe Award for Lifetime Achievements in MSA. Er war ein aktives Vorstandsmitglied der Österreichischen Parkinson-Gesellschaft und Gründungs-Präsident der Otto-Loewi-Gesellschaft zur Erforschung der Erkrankungen des autonomen Nervensystems. Als Mitbegründer und Präsident der Bischof Golser Stiftung hat er den nach dem verstorbenen Südtiroler Landesbischof benannten Preis für herausragende Leistungen in der Erforschung atypischer Parkinson-Syndrome etabliert, mit dem internationale Spitzenforscher wie der Nobelpreisträger Stanley Prusiner ausgezeichnet wurden.
Gregor Wenning war nicht nur ein herausragender Wissenschaftler und Arzt sondern auch ein leidenschaftlicher Lehrer und Mentor, was sich unter anderem in der Zahl von 68 von ihm erfolgreich betreuten Dissertant*innen, Diplomand*innen und PhD-Student*innen widerspiegelt. Er verstand es, zu motivieren und Lösungen für Probleme aufzuzeigen, und seine Hilfsbereitschaft war grenzenlos. Seine Kolleginnen und Kollegen und akademischen Schülerinnen und Schüler haben ihn für seine visionäre Begabung, seine unermüdliche Energie und seine Integrität und Güte bewundert und geliebt.
Gregor Wenning hinterlässt seine Frau Roberta Granata, und seine beiden Söhne Maximilian und Marco – ihnen gilt unser tiefstes Mitgefühl. Die Österreichische Parkinson-Gesellschaft trauert um einen herausragenden Parkinsonforscher und liebenswerten Kollegen. Wir werden Gregor Wenning für immer ein dankbares und ehrendes Andenken bewahren.
em. o. Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe
Prim. Univ.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager
Assoz. Prof. Dr. Petra Schwingenschuh
Im Namen des Vorstands der Österreichischen Parkinson-Gesellschaft